Ab wann gilt eine E-Mail als zugegangen?
Wichtige Angelegenheiten werden immer mehr online abgewickelt. Bei der Versendung von E-Mails außerhalb der üblichen Geschäftszeiten ist hinsichtlich einer möglichen Fristwahrung allerdings Vorsicht geboten, wie aus einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Amtsgerichts Meldorf (Az.: 81 C 1601/10) hervorgeht.
Ein Reiseunternehmer wurde von seinem Kunden beauftragt, eine Reise zu buchen, wenn diese für einen bestimmten Preis zu haben ist. Der Kunde hatte es aber anscheinend eilig und fand die Reise abends im Internet. Er buchte sofort und bat den Reiseunternehmer per E-Mail, keine Buchung mehr vorzunehmen. Es kam, wie es kommen musste. Der Reiseunternehmer buchte am nächsten Morgen die Reise und öffnete erst dann seine E-Mails. Der Kunde musste seine selbstständig gebuchte Reise stornieren und verklagte den Reiseanbieter auf Erstattung der Stornierungskosten. Dieser verweigerte jedoch die Zahlung.
Das Amtsgericht Meldorf hatte im Streitfall nunmehr darüber zu entscheiden, ob die besagte E-Mail und die darin enthaltene Auftragskündigung rechtzeitig zugegangen ist. Denn nur dann könnte der Kunde etwaige Erstattungsansprüche geltend machen.
Der Richter führte in seinem Urteil aus, dass grundsätzlich ein auf elektronischem Weg zu Unzeiten versandtes Schreiben als zugegangen gilt, wenn üblicherweise mit der Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Aufgrund der Berufsfreiheit liege dieser Zeitpunkt im Geschäftsleben aber nicht vor Beginn der offiziellen Geschäftszeiten, sondern möglicherweise auch erst danach. So sei dem Unternehmer einzugestehen, erst wichtige bzw. liegen gebliebene Dinge des Vortages zu bearbeiten. Mithin war die E-Mail zum Zeitpunkt der Buchung durch den Reiseanbieter noch nicht zugegangen. Ein Erstattungsanspruch bestand nicht.