
Förderprogramme, Fachkräftesicherung und Tarifbindung im Mittelpunkt der Diskussion27. Potsdamer Gesellentag
Am 22. März fand der 27. Potsdamer Gesellentag auf Einladung des Arbeitnehmervizepräsidenten der Handwerkskammer Potsdam, Ralf Eckhoff, statt. Im Zentrum der traditionsrechen Veranstaltung stand in diesem Jahr die Frage: „Welche Zukunft hat das brandenburgische Handwerk?“ Neben Wirtschaftsminister Daniel Keller nahmen auch Kammerpräsident Robert Wüst und Nele Techen, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, an der Diskussion teil.
Minister Keller unterstrich die zentrale Rolle des Handwerks in der neuen Legislaturperiode. Die rückläufigen Gründungszahlen wertete er als deutliches Warnsignal. Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter Meisterschülerinnen und Meisterschülern der Handwerkskammer Potsdam hatte gezeigt, dass bürokratische Hürden ein zentrales Hemmnis für den Schritt in die Selbstständigkeit darstellen. „Wir brauchen einen Mentalitätswechsel – weniger staatliche Eingriffe dort, wo sie bremsen, und mehr Unterstützung dort, wo sie notwendig ist. Deshalb sollen die Förderprogramme im Handwerk weitergeführt werden.“, so Keller. Im Rahmen eines 100-Tage-Programms kündigte er zudem ein umfangreiches Investitionspaket in die Schulinfrastruktur an – mit dem Ziel, nicht nur Bildung zu stärken, sondern auch das regionale Handwerk einzubinden. Zudem soll mit der Anhebung der Wertgrenze für Direktaufträge auf 100.000 Euro die Verfahren vereinfacht werden. Bestandteil des Maßnahmenpakets ist auch der Vergabemindestlohn. Das könne helfen, den bürokratischen Aufwand zu senken. Wichtig sei dabei eine enge Abstimmung mit Kammern und Verbänden. „Wir wollen überflüssige Berichtspflichten abbauen – damit sich Betriebe wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können“, so Keller.
Tarifbindung als Schlüssel zur Stärkung des Handwerks
Techen hob die Bedeutung von Tarifverträgen und Mitbestimmung hervor: „Tarifbindung sichert faire Löhne und schafft Planungssicherheit für Betriebe und Beschäftigte.“ Das brandenburgische „Bündnis für Gute Arbeit“ solle weiter gestärkt und in diesem Rahmen zusätzliche Unterstützung für das Handwerk entwickelt werden.
Überbetriebliche Lehrunterweisung: Inhalte und Ausrichtung im Fokus
Auch die Ausgestaltung der überbetrieblichen Lehrunterweisung (ÜLU) wurde intensiv diskutiert. Einigkeit bestand darin, dass gezielte Investitionen in ÜLU-Stätten entscheidend sind, um eine qualitativ hochwertige Ausbildung sicherzustellen – insbesondere für Auszubildende kleiner Betriebe, die hier vom zusätzlichen technischen Know-how profitieren.
Ehrenamt stärken
Zum Abschluss rückte das ehrenamtliche Engagement im Handwerk in den Fokus. Nele Techen würdigte die große Bedeutung freiwilliger Mitarbeit, etwa im Prüfungswesen: „Ohne das Engagement vieler Fachkräfte wären Abschlussprüfungen in der heutigen Form kaum durchführbar.“
Auch Kammerpräsident Wüst betonte den Wert des Ehrenamts – und verwies auf die besonderen Herausforderungen für kleine Betriebe: „In einem Unternehmen mit durchschnittlich 4,1 Beschäftigten fehlt jede Hand, wenn jemand für ein Ehrenamt freigestellt wird. Das ist kaum zu kompensieren. Deshalb brauchen wir mehr Anerkennung und konkrete Entlastung.“
Der 27. Potsdamer Gesellentag hat gezeigt: Das westbrandenburgische Handwerk steht im Zentrum gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Zukunftsfragen. Die Diskussionen machten deutlich, wie wichtig es ist, Kräfte zu bündeln – für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Tarifbindung und eine starke Nachwuchsförderung. „Es geht nicht um Gegensätze – sondern darum, wie wir gemeinsam Zukunft gestalten“, fasst es Nele Techen zusammen.
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