Handwerkskonjunktur in Westbrandenburg: Zurückhaltung bei PrognosenPressemitteilung Nr. 72 vom 13. Oktober 2020

Das westbrandenburgische Handwerk im 3. Quartal 2020

Potsdam. Die Konjunktur der vergangenen Jahre im Handwerk war geprägt von Superlativen: Kontinuierliche Auftragseingänge und wachsende Auftragsvorläufe, das Handwerk eilte von einem Bestwert zum nächsten. Und obwohl im letzten Herbst erstmals nach elf Jahren Dauerwachstum Wolken am Horizont aufzogen, blickte das Handwerk zwar etwas verhaltener, aber dennoch positiv in die Zukunft. Und dann kam Corona…

Jetzt scheint es zunächst mit neuen Spitzenwerten und anhaltendem Konjunkturhoch vorbei zu sein. Das jedenfalls lässt die traditionelle Herbstumfrage der Handwerkskammer Potsdam, in der sie ihre Mitgliedsbetriebe zu ihrer Geschäftslage befragt, annehmen.

Wenngleich das Handwerk bisher glimpflich durch die Pandemie gekommen ist, sind die Aussichten in den Gewerken - ob Bau, Nahrungsmittel oder Dienstleistungsgewerke - getrübt. Der ZDH-Geschäftsklimaindikator, der neben aktuellen Konjunkturdaten auch die Erwartungen an die nächsten Monate berücksichtigt, fällt auf 118 Punkte und damit in etwa auf das Niveau von 2010. Noch zu Jahresbeginn lag der Wert bei 131 Punkten. Vergleicht man die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage mit der Vorjahreseinschätzung zeigt sich ein deutlicher Rückgang von 96,6 Prozent im Vorjahr auf aktuell lediglich 87,5 Prozent.

Die durchschnittliche Auslastung der Betriebe lag in den letzten Monaten bei 86 Prozent (minus 8 Punkte). 28 Prozent der Betriebe vermelden Umsatzrückgänge im dritten Quartal. Die durchschnittlichen Auftragsvorläufe liegen mit noch 10,2 Wochen um nur 0,8 Punkte hinter dem Vorjahreswert (11 Wochen). Vor allem bei den Bau- und Ausbaugewerken braucht es noch immer Geduld bis zur Auftragsausführung. Steigende Umsätze meldete in den letzten drei Monaten hingegen im Schnitt nur jeder fünfte Betrieb.

Besonders betroffen von der Corona-Krise waren und sind hingegen das Kfz-Gewerbe sowie die personenbezogenen Dienstleistungen wie Friseur, Kosmetik oder Fotografie. Sie mussten im Zuge des Lockdowns ihre Geschäfte zeitweise schließen und erlebten einen nie da gewesenen Umsatzeinbruch. Auch die Gesundheitshandwerke bekamen die Folgen des Lockdowns zu spüren. Im Kfz-Handwerk bewerten noch 67 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage mit gut oder befriedigend (-19). Bei den personenbezogenen Dienstleistern sind es 71 Prozent (-29). Fast drei von zehn Kfz-Unternehmen befürchten bis Jahresende eine weitere Verschlechterung der Geschäftslage. Allerdings trüben auch umweltpolitische Themen die Sicht im Kfz-Gewerbe. Und auch bei den Baubetrieben gehen mit 16 Prozent deutlich mehr Betriebe von einem Rückgang als von einem weiteren Aufschwung (9 Prozent) aus.

Positiv hingegen blicken die personenbezogenen Dienstleistungsgewerke in die Zukunft. Gut ein Viertel der Handwerksbetriebe erwartet hier, dass sich die Geschäftslage in den nächsten Monaten verbessert.

Für Beachtung sorgt der Fakt, dass das Handwerk im Wesentlichen an seinen Mitarbeitern festhielt, wissend, dass sich der Fachkräftewettbewerb in den kommenden Jahren nicht entspannt. Trotz Krise haben 72 Prozent der befragten Betriebe ihr Personal in den letzten sechs Monaten konstant gehalten. Zwölf Prozent stellten sogar weitere Mitarbeiter ein.

Trotz der konjunkturellen Abkühlung stiegen sowohl die Einkaufs- als auch die Verkaufspreise tendenziell weiter, wenngleich auf schwächerem Niveau.

Die konjunkturelle Zurückhaltung wird allerdings an einem Punkt der Umfrage besonders deutlich: Berichteten im Vorjahreszeitraum noch 81 Prozent der Betriebe von gestiegenen oder gleichbleibenden Investitionen, waren es jetzt nur noch 67 Prozent. Mehr als 30 Prozent der Betriebe haben ihre Investitionen zurückgefahren und stellen hier auch keine Mittel für die kommenden Monate in Aussicht.

 

Aussichten und Erwartungen

Dank der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie konnten die besonders betroffenen Gewerke im Handwerk bisher das Schlimmste abwenden. Entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten wird sein, wie sich das Pandemiegeschehen weiterentwickelt. Daher schätzen die Handwerker in Westbrandenburg zum aktuellen Zeitpunkt die Entwicklung bei der Geschäftslage durchaus positiver ein als die derzeitige Lage.

So glauben 85 Prozent der Betriebe an eine bessere oder zumindest gleichbleibende Entwicklung der Geschäftslage. Allerdings hat sich die Zahl derjenigen, die annehmen, dass sich ihre Geschäftslage verschlechtert, von 7 Prozentpunkten im Herbst 2019 auf nunmehr 15 Prozentpunkte bewegt. Besonders sorgenvoll blickt das Kraftfahrzeuggewerbe auf die kommenden Monate. Fast 30 Prozent aller Betriebe gehen von einer weiteren Verschlechterung ihrer Geschäftslage aus. Besonders optimistisch zeigen sich die Gesundheitshandwerker.

Bei den Umsatzerwartungen üben sich die Betriebe ebenfalls in Zurückhaltung. Fast ein Viertel geht sogar davon aus, dass die Umsätze zum Jahresende sinken. Dementsprechend wollen auch 37 Prozent der Handwerksbetriebe in den kommenden Monaten weniger investieren.

 

Kontinuität in konjunktureller Erholung schaffen

„Das Handwerk erlebte in den vergangenen Wochen durch die Einschränkungen und das veränderte Konsumverhalten in Teilen eine Wucht von Umsatzeinbrüchen. Aktuell hat sich die Stimmung schon wieder etwas gebessert. Insbesondere die Bau- und Ausbaugewerke konnten in den letzten Wochen und Monaten ohne Unterbrechung weiterarbeiten und spürten, zumindest im Tagesgeschäft, wenig von der Krise“, bewertet Handwerkskammer-Präsident Robert Wüst die aktuellen Zahlen. Er warnt allerdings auch: „Gerade am Bau werden die nächsten Monate zeigen, wie die Entwicklung weitergeht. Insbesondere Bund, Länder und Kommunen dürfen jetzt in ihrer Investitionstätigkeit nicht nachlassen. Anzeichen, dass die öffentliche Hand Aufträge zurückhält, dürfen sich nicht verfestigen. Gerade sie steht in der Verantwortung, die konjunkturelle Erholung nicht auszubremsen.“

 

Über die Handwerkskammer Potsdam

Die Handwerkskammer (HWK) Potsdam ist eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Selbstverwaltungseinrichtung für die Landkreise Havelland, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Potsdam-Mittelmark, Prignitz, Teltow-Fläming und die kreisfreien Städte Potsdam und Brandenburg an der Havel. Sie ist die Interessenvertretung von rund 17.400 Mitgliedsbetrieben und ihren mehr als 70.500 Beschäftigten in über 150 Gewerken.

Die HWK Potsdam setzt sich für die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Handwerksbranche ein, bündelt die Kräfte und Gemeinsamkeiten des Handwerks und bietet ihren Mitgliedsbetrieben zahlreiche Unterstützungen bei wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen. Zu den Mitgliedsunternehmen gehören Handwerksbetriebe aller Branchen; vor allem aus dem Bau- und Ausbaugewerbe, Elektro und Metall, Holz, Bekleidung und Textil, Gesundheit, Reinigung sowie Nahrungsmittel.

Die HWK Potsdam bietet in ihrem Zentrum für Gewerbeförderung in Götz umfangreiche Angebote für die Weiterbildung im westbrandenburgischen Handwerk und führt in den dortigen Lehrwerkstätten auch die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung durch. Sie ist zuständig für Gesellen-, Meister- und Fortbildungsprüfungen im Handwerk.

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