Roland Schulze (Mitte) mit seinen Mitarbeitern Rudolf Moisl (links) und Thomas Schaffner (rechts)
Michael Lüder
Roland Schulze (Mitte) mit seinen Mitarbeitern Rudolf Moisl (links) und Thomas Schaffner (rechts)

Roland Schulze mit Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Potsdam geehrtAuf Schinkels Spuren

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Rathaus Potsdam

Roland Schulze, Geschäftsführer der Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH, wurde am 13. Mai eine besondere Ehre zuteil. Die Stadt Potsdam würdigte sein Engagement mit einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt.
Die Ehrung fand im Rahmen des zum dritten Mal stattfindenden Tages der Städtebauförderung in der Kirche am Neuendorfer Anger statt.

"Roland Schulze hat mit seiner nach ihm benannten Baudenkmalpflege GmbH entscheidend zur Rettung der Kirche auf dem Neuendorfer Anger beigetragen. Er sanierte die Muschelgrotte, den Einsteinturm und viele andere schützenswerte Gebäude und Denkmale in den mehr als 25 Jahren seiner Tätigkeit", heißt es in der Begründung.

 



Die Firma Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH aus Pots­dam mit heute 65 Mitarbeitern ist eine gestandene Firma. Von Anfang an stand für Roland Schulze fest: Er will nur in der Denk­malpflege tätig sein.

Die Denkmalpflege gehört zu den großen Herausforderungen für das Handwerk. Waren Handwerker früher mit den regional vorkommenden Werkstoffen und traditionellen Arbeitsweisen vertraut, führte die im 20. Jahrhundert einsetzende Entwick­lung dazu, dass Handwerker sich mit industriell hergestellten Materialien beschäftigen mussten. Zunehmende Arbeitstei­lung und Maschineneinsatz für großflächige Städteumbau- und Wohnungsneubauprojekte ließen das Wissen über alte Hand­werkstechniken unnötig erscheinen – vielfach fehlte der Respekt vor historischen Bauwerken. Es wurde nicht mehr repariert und saniert, sondern industriell gebaut.
Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert: Belange des Denkmal­schutzes finden zunehmend gesellschaftliche Anerkennung. Die praktische Umsetzung an den Denkmälern selbst liegt in den meisten Fällen in den Händen von Handwerkern, die über die dafür notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen müssen. Traditionelle Techniken zur Schadensbehebung und moderne Restaurierungsmethoden sind in jedem Einzelfall zu entwickeln und festzulegen.

Solche Sanierungen von Denkmälern gehören zum Arbeitsalltag von Roland Schulze. Und wenn er doch einen Auftrag für einen Neubau übernimmt, sieht das Ergebnis aus wie ein Denkmal, denn dann geht es um Rekonstruktion. So auch bei seinem allerersten Bauprojekt, dem Pomonatempel auf dem Pfingst­berg in Potsdam. Karl Friedrich Schinkel hatte ihn im Alter von 20 Jahren entworfen und erbaut. Roland Schulze baute den zur Ruine verfallenen Tempel mit 34 Jahren dann noch einmal neu auf. Mit Schinkel war zugleich das Maß seines Arbeitens bestimmt. Schulze konnte sich nicht ganz so früh wie Schinkel selbstständig machen, denn in der DDR lehnte man seinen Antrag auf die Gründung einer Handwerksfirma wiederholt ab. Erst am 1. November 1989 durfte er als Maurer und Diplom-Bauingeni­eur die ersehnte Firma gründen. Mit fünf Mitarbeitern fing er an – die allesamt nach der Grenzöffnung am 9. November 1989 lukrativere Arbeit im Westen annahmen und die junge Firma im Stich ließen.

Der große Einstieg für die Firma waren Balkone. Hauseigen­tümer waren von der Baubehörde gezwungen worden, Balkone ohne Nachweis der Standfestigkeit zu entfernen. Die Firma Schulze barg zahlreiche Teile abgerissener Balkone von der Straße und aus Schuttcontainern und lagerte sie. Als Bauherren schließlich die Fassaden ihrer Häuser wieder komplettieren wollten, stand die Firma bereit. Wie in einer Fließstrecke ent­standen die Balkone neu. In der Werkstatt wurde vorgefertigt, vor Ort war man auf drei bis sechs Quadratmeter mit bis zu acht Gewerken tätig. Dabei fertigen die Handwerker die Balkone im technischen Baukastensystem, so sind sie für den Bauherren bezahlbar. Etwa 400 Balkone rekonstruierte die Firma. Von den Balkonen kam man zur Sanierung von Fassaden und schließlich von kompletten Gebäuden. Dabei ist die Devise: je komplizierter der Auftrag, desto besser. Für das „Café Moskau“ in Berlin ist die Firma 2010 wiederholt „Bundespreisträger für Handwerk in der Denkmalpflege“ geworden.

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Michael Lüder

Wenn es um Stuck geht, kann auf ein eigenes Formenarchiv zurückgegriffen werden, das, vor 22 Jahren angelegt, zuneh­mend wächst und mehrere Hundert Potsdamer Stuckformen umfasst. So können die Stuckateure Fassadenschmuck günstiger nachfertigen, wenn das Stuckornament in der Sammlung ist und eine Abgussform dazu existiert.

Von außen betrachtet mag man sich fragen: Wie macht man das – 65 Mitarbeiter verschiedener Gewerke auf mehreren Bau­stellen gleichzeitig zu koordinieren? Die bei Roland Schulze be­schäftigten sieben Meister und drei Bauingenieure organisieren die Arbeit ihrer Gewerke weitgehend eigenständig. Jedes Jahr kommen neue Lehrlinge, die für den Betrieb ausgebildet werden und von den erfahrenen Kollegen all die handwerkli­chen Tricks lernen, die in keinem Buch nachzulesen sind. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter hat sich dadurch auf 39 Jahre verjüngt. Einige der Handwerker verfügen über die Zusatzausbil­dung „Restaurator im Handwerk“. Zudem beschäftigt die Firma eine Kunsthistorikerin mit dem Schwerpunkt Denkmalpflege, die entsprechende Recherche und Forschung zu den Denkmalen, die die Firma saniert, leistet. Seit Juni 2016 ist der Sohn und Dip­lom-Bauingenieur Christoph Schulze im elterlichen Betrieb tätig.





Dieser Text ist Teil des Buches "Meisterschaft! 70 Geschichten vom Handwerk in Westbrandenburg", herausgegeben von der Handwerkskammer Potsdam

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