Christian und Cornelius Rüss von der Druckerei Rüss in Potsdam
Katja Wolf/HWK Potsdam
Christian und Cornelius Rüss von der Druckerei Rüss in Potsdam

Christian und Cornelius Rüss führen ihre gleichnamige Druckerei seit der Jahrtausendwende in der "Alten Waffenmeisterei" in der Landeshauptstadt Potsdam. 111 Jahre drucken, veredeln, prägen, stanzen

Dabei spielt der Druck hier längst nicht immer die Hauptrolle. Und auch Corona hat es nicht geschafft, hier zur Hauptrolle zu werden.

Dabei ist auch die Potsdamer Druckerei seit Frühjahr 2020 von Auftragsrückgängen betroffen. „Wir drucken viel für den Kunst-, Kultur- und Musikbereich in Potsdam, etwa für den Nikolaisaal, die Kammerakademie und das Museum Barberini. Die Programmbücher liefen im Frühjahr an, genau dann, als die erste Welle kam. Dieses Segment fiel im letzten Jahr nahezu aus“, so Inhaber Cornelius Rüss.
Im letzten Jahr kam die Druckerei deshalb um Kurzarbeit nicht herum. „Obwohl es einen deutlichen Rückgang bei uns gab, haben wir keine Existenzängste. Die Kurzarbeit ist immer noch ein sehr gutes und flexibles Instrument, das wir seit der ersten Welle nutzen“, sagt Rüss. Da jede Fachkraft für einen anderen Arbeitsschritt verantwortlich ist, wollten er und sein Bruder nicht nur aus sozialen, sondern auch aus technischen Gründen auf keine Arbeitskraft komplett verzichten und vereinbarten Teilzeit mit den Mitarbeitern.
Neben der Kulturszene ist Rüss vor allem für Geschäftskunden und Agenturen tätig, die hochwertige Broschüren und Bücher bei ihm bestellen. „Dieser Bereich läuft glücklicherweise nahezu unverändert weiter.“ Von der Verpackung edler Parfums bis zur Reliefprägung: In der Druckerei entstehen Druckprodukte in kleinen Serien und mit üppiger Ausstattung. Dabei erledigen die beiden Buchbindermeister in ihrem Betrieb alle Arbeitsschritte inhouse, von der Grafik über die Bindung bis zur Goldprägung. „Drucken ist ja nur eine Facette des gesamten Prozesses. Und vom Zeitumfang her ist das sogar oft der kürzeste Arbeitsschritt“, erklärt der Buchbindermeister. Gedruckt wird bei Rüss überhaupt erst seit 1994. Vorher war das Unternehmen ausschließlich als Buchbinderei tätig.

Arbeiten im Familienbetrieb

Seit rund 36 Jahren arbeitet das Traditionsunternehmen, das in diesem Jahr seinen 111. Geburtstag feiert, mit fast konstant zehn Fachkräften. „Wir haben ganz bewusst auf Wachstum verzichtet und wollen uns nicht am Preiskampf beteiligen. Wir setzen auf kleine und mittlere Auflagen und erledigen einzelne Arbeitsschritte zum Teil noch per Hand“, so der Handwerker. Grafik, Drucken, Stanzen, Prägen und Binden, für jede Tätigkeit ist eine andere Fachkraft zuständig. Mit ihrer langen Tradition setzt die Familie Rüss und ihre Mitarbeiter komplett auf Empfehlungsmarketing.
Der Betrieb ist das Zuhause der beiden geschäftsführenden Brüder. Zur Jahrtausendwende erwarb das Unternehmen die „Alte Waffenmeisterei“ in der Jägervorstadt Potsdam. Sie restaurierten den heutigen Betriebssitz umfangreich. 2003 erhielt das Ensemble den Bundespreis für Denkmalpflege für den Umbau im historischen Bestand. „Wir wollten etwas schaffen, wo Mitarbeiter und wir uns wohlfühlen. Mit diesem historischen Gebäude ist es uns gelungen“, begründet Rüss das Engagement für die umfangreichen architektonischen Anstrengungen. Wo Friedrich Wilhelm IV. Mitte des 19. Jahrhunderts sein Regiment der Gardeulanen stationierte, laufen nun Druck- und Stanzmaschinen.

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